Theaterexkursion 2013
Wie in jedem Herbst so machten sich auch heuer die Studierenden der Theaterwissenschaft unter der Leitung von Prof. Ernst auf zu einer großen Exkursion. Vom 21.-26. November besuchten sie das internationale Theaterfestival SpielArt in München.
Auf dem Programm standen zahlreich experimentelle Theateraufführungen. "Jerusalem [Holocene #1 revisited] etwa der belgischen Gruppe Berlin beeindruckte als beeindruckende Videopräsentation mit live Musik. Eine völlig neue Form stellte auch das interaktive Rollenspiel "Situation Room" des Regiekollektivs Rimini Protokoll dar, bei der die Teilnehmer in die unterschiedlichen Rollen der Täter und Opfer des internationalen Waffenhandels schlüpften. Cuqui Jerez "The Dream Project" wiederum kam in sehr einfacher und spielerischer Weise daher. Als work-in-progress zeigte es, nach welchen Spielregeln der Improvisation eine komplexe Performance entsteht.
Künstlergespräch mit (v.l.) Kai Peschek, Linda Wagner, Ofira Henig, Doron Tavori, Salwa Nakara
Einen Höhepunkt der diesjährigen Exkursion stellt die Aufführung von "Geh mir aus der Sonne" von Ofira Henig&Ensemble dar. Die Studierenden hatten sich im Vorfeld intensiv mit dem Stoff des Stückes befasst, bekamen sie doch von der Festivalleitung um Tilman Broszat freundlicherweise die Möglichkeit angeboten, ein öffentliches Künstlergespräch zu moderieren und so wichtige Schritte in die Theaterpraxis zu unternehmen!
Der Stoff allerdings stellte sich als Herausforderung dar. In autobiografischer Weise erzählt das Stück die Geschichte der Regisseurin und der Ensemblemitglieder, selbst, überblendet mit den Künstlerbiografien von Heinrich Heine, Robert Capa, Leni Riefenstahl und Frederico Garcia Lorca. Hier musste zunächst ausgiebig recherchiert werden.
Das aus palästinensischen und israelischen Schauspielern gebildete Ensemble reflektiert mit diesem Stück auch die eigene kulturelle und politische Situation. Wie sich im Gesprächen und in der Diskussion herausstellte, sitzen sie tatsächlich 'zwischen den Stühlen', werden doch Künstler im Rahmen des kriegerischen Konfliktes nicht selten dazu gezwungen, sich von einem der Lager instrumentalisieren zu lassen. Doron Tavori brachte es auf den Punkt: "Wir leben in einem freien Land, in einer Demokratie, die allerdings mit einem großen Teil der Bevölkerung im Bürgerkrieg steht."
Die Moderation des Gesprächs wurde von den Studierenden Linda Wagner und Kai Peschek couragiert übernommen. Weitere Studierende im Publikum hatten Fragen vorbereitet. Alle waren gespannt, wie die Diskussion verlaufen würde, denn die Vorbereitung ist eine Sache, die Durchführung eines Gespräch eine andere.
Das es ein großer Erfolg wurde, lag auch an der Atmosphäre des SpielArt-Festivals. Denn hier geht es immer noch auch um persönliche Begegnungen und die gemeinsame Suche nach neuen Theaterformen, die das Publikum und die Künstler einander näher bringt.
Auch die Münchner Kammerspiele waren mit ihren preisgekrönten Inszenierungen Teil des Programms und boten weitere Einblicke in die Theaterpraxis. "King Lear", "Onkel Wanja" und "Gasoline Bill" von Rene Pollesch boten dabei einen Querschnitt zeitgenössischer Inszenierungen von Tragödien und Komödien. Dabei konnte das Ensemble der Kammerspiele begeistern und unter Beweis stellen, warum es zu Recht zum Theater des Jahres 2013 gewählt wurde.
Abgerundet wurde das intensive Programm durch den Besuch zweier Ausstellungen. Im Theatermuseum gab es die Ausstellung zu Leben und Wirken von Carola Neher. Die Ausstellung "Asyl: Stadtmuseum", die von zwei bildenden Künstlern kuratiert wurde und sich aus postkolonialer Perspektive mit den Archivalien der Münchner Figurentheatersammlung auseinandersetzte, wurde vom Leiter des Museum, Manfred Wegner, in einfühlsamer Weise vorgestellt.
Fünf Tage voller Eindrücke, kontroverser Diskussionen und medialer Dokumentation ließen Spuren zurück - Stoff für ein Jahr Theaterreflexion und Lust auf Mehr.
Studierende dokumentieren die Exkursion
Exkursion nach Dresden
Auf den Spuren der Historischen Avantgarden machten sich Studierende der Theaterwissenschaft Bayreuth auf nach Dresden und Hellerau. Hier ihr Bericht.
"Im Rahmen unseres Proseminars Körper in Bewegung – Schauspiel-, Tanz- und Körpertechniken bei Frau Niethammer fuhren wir im Juni im Rahmen einer zweitägigen Exkursion nach Dresden, um gelernte Seminarinhalte vor Ort zu vertiefen.
Zunächst stand eine Führung im Festspielhaus der Gartenstadt Dresden/Hellerau auf dem Plan. Dort schuf vor ca. 100 Jahren der Schweizer Rhythmiker und Musikpädagoge Émile Jaques-Dalcroze die Bildungsanstalt für Musik und Rhythmus, ein Zentrum der musikalisch-rhythmischen Erziehung, das über die Grenzen Deutschlands hinaus wichtige Impulse zur Reformierung des internationalen Tanzes beitrug. Das Festspielhaus, welches von Jaques-Dalcroze selbst nur zwei Jahre genutzt wurde und später der Roten Armee als Kaserne diente, wurde im Jahr 2005 saniert und ist heute wieder für den kulturellen Betrieb geöffnet. Das Besondere hierbei ist der helle, flexible Bühnenraum, der eher an eine Mehrzweckhalle als an ein klassisches Theater erinnert. Dieser ist mit einem unterirdischem Orchestergraben ausgestattet, der bei Bedarf freigelegt werden kann. Dieses moderne Bühnenkonzept, das es in dieser Form in Hellerau schon 1912 gab, beeindruckte uns aufgrund seiner Flexibilität sehr.
Am Abend besuchten wir die Semperoper in Dresden, um uns dort einen William Forsythe-Ballettabend anzuschauen, da wir uns bereits im Seminar mit der Tanz- und Improvisationstechnik Forsythes beschäftigt hatten. Forsythe wurde bekannt durch seine Arbeit am Ballett Frankfurt, an dem er mit der Technik des klassischen Balletts brach, um neue Ausdrucksmöglichkeiten des Tanzes in diesem Bereich auszuloten. Der Abend bestand aus drei unterschiedlichen Choreografie-Klassikern von William Forsythe, die variierend in der Form und der Gestaltung, die unterschiedlichen Möglichkeiten der tänzerischen Darstellung, von klassisch bis modern, präsentierten.
Bemerkenswert war auch die Architektur der Semperoper selbst, die uns in ihrem Prunk an das Burgtheater in Wien erinnerte und eine kontrastierende Umrahmung für die modernen Choreografie-Ansätze Forsythes darstellte.
Am Folgetag blieb uns noch Zeit, an der interaktiven Audio-Führung des Performance-Kollektivs Rimini Protokoll teilzunehmen. Mit Kopfhörern und GPS ausgestattet, konnten wir uns auf dem Weg durch die Stadt an bestimmten Checkpoints, durch Audioaufnahmen von Zeitzeugen, über die Vergangenheit der Staatssicherheit zu Zeiten der DDR in Dresden, informieren. Hier konnten wir Eindrücke von der Stadt sammeln, die wir mit einer konventionellen Stadtführung nicht erhalten hätten.
Insgesamt war unsere Exkursion ein voller Erfolg, der gelernte Seminarinhalte vertiefen und gut veranschaulichen konnte!
Sebastian Uttenreuther, Lea Maria Kneisel, Esther Jansen, Fabian Bertoldo, Alexander Wax, Ines Glindemann, Marc Adler"