Münchenexkursion der Theaterwissenschaft
Die Theaterwissenschaft in Bayreuth ist breit aufgestellt. Sie wird in 2 Bachelorstudiengängen, einem Master- und Promotionsprogramm sowie seit diesem Semester auch im Zusatzstudiengang Darstellendes Spiel unterrichtet. Das Studium gestaltet sich intensiv und praxisorientiert. Die notwendige Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Formen des Theaters ist naturgemäß – sieht man einmal von den Wagner-Festspielen ab – überschaubar. Daher wurde vom 21. – 26. Oktober von Prof. Wolf-Dieter Ernst eine überwiegend aus Studienmitteln finanzierte Theaterexkursion nach München durchgeführt. Sie bot Einblicke in Szene, umfasste bewusst alle Sparten der szenischen Künste und wurde durch die Studierenden durch Diskussionen und Schreibaufgaben vor- und nachbereitet. Ein besonders gelungener Beitrag ist der nachfolgende Bericht zur Exkursion, den die Studierenden des BA Musiktheaterwissenschaft, Carmen Kovacs, Stephanie Stütz und Henrietta Teipel verfassten.
„Trotz großer Begeisterung für unser Fach haben wir in Bayreuth leider nicht die Möglichkeit, das in der Theorie Erarbeitete in praktischer Umsetzung zu erfahren. Genau aus diesem Grund unternahmen wir unter der Leitung unseres Professors Wolf-Dieter Ernst eine Exkursion nach München. Diese Stadt, fast schon überfüllt mit kulturellen Angeboten, erwies sich für diese Studienreise als ideales Terrain, nicht zuletzt durch das Festival DANCE 2010, welches vom 22. Oktober bis 6. November unter dem Motto TIME CODES in München stattfand. Im Rahmen dieses Festivals erfuhren wir, wie vielfältig zeitgenössischer Tanz sein kann. Das Festival findet nun schon zum zwölften Mal in der bayerischen Landeshauptstadt statt und lädt alljährlich namhafte Tänzer und Choreographen dazu ein. So setzte die Kanadierin Louise Lecavalier gemeinsam mit ihrem Partner Patrick Lamothe ein Beziehungsdrama in experimentellem Tanz auf der Bühne um, während man bei Richard Siegals CoPirates Teil eines gigantischen Happenings mit Tanz, Musik und Videoinstallationen wurde.
Die Hintergründe der jeweiligen Darbietungen sowie das Konzept des Festivals wurden uns durch verschiedene Rahmenveranstaltungen in Lesungen, Ausstellungen und Künstlergesprächen näher gebracht. Da sich unsere Exkursion jedoch nicht nur aufs Tanztheater beschränkte, sondern das ganze Spektrum des Theaters abgedeckt werden sollte, besuchten wir einige große Institutionen der Münchner Theaterlandschaft wie zum Beispiel das Residenztheater, die Staatsoper und die Münchner Kammerspiele. Klassiker wie Verdis La Traviata waren ebenso dabei wie die neue Rusalka-Skandalinszenierung von Martin Kušej, aber auch das Sprechtheater kam mit Kleist und Gorki nicht zu kurz.
Beim morgendlichen Zusammentreffen im Hostel hatten wir die Möglichkeit, das Gesehene zu reflektieren, indem wir unsere teilweise kontroversen Gedanken austauschten und diskutierten. Um zu ler-nen, sich kritisch mit einer Inszenierung auseinander zu setzen, gehörten auch das Verfassen einer Nachtkritik und die aktive Teilnahme an Dramaturgengesprächen zu unseren Aufgaben. Durch die Dichte der Veranstaltungen und die ständige Reflexion darüber hat sich unser „Theater-blick“ während dieser sechs Tage immens geschärft und unser Repertoirewissen um Einiges erweitert. Am Ende dieser Exkursion war uns allen klar, dass das aktive Erleben einer Aufführung notwendige Bedingung für diese Studiengang ist. Ein Erlebnis, das nach Fortsetzung schreit!“